GEDANKEN zum 4. Todestag von unserem geliebten Yannik.

 

4 Jahre ist es jetzt schon her, dass unser Yannik gestorben ist  – eine unglaublich lange Zeit – und trotzdem ist meine Trauer noch so unsagbar groß … während ich diese paar Wörter schreibe laufen mir die Tränen, der Kloß im Hals wächst … mich quälen ein unsagbarer Schmerz und die Sehnsucht nach meinem Sohn – viele von euch kennen diesen Schmerz … diese Sehnsucht … dieser Schmerz, der nicht zu kontrollieren ist -  der sich in der Brust ausbreitet und viele, viele Tränen verursacht … die Sehnsucht, das geliebte Kind in den Arm zu nehmen, den gemeinsamen Alltag zu erleben!!

 

Die Trauer gehört nun seit vier Jahren zu meinem Leben und hat mich sehr verändert und geprägt. Schon vor Yanniks Engelsreise war unser gemeinsames Leben kein normales Leben … denn Yannik war durch seine Muskelerkrankung ein „besonderes“ – ein behindertes Kind.

Yannik hat uns immer gezeigt, was wirklich wichtig ist im Leben – und wir sind so dankbar, dass wir ihn fast 10 Jahre lang durch sein viel zu kurzes Leben begleiten durften.

 

Nach Yanniks Tod haben wir an unsere Freunde, Bekannten, Verwandten und Kollegen ein paar Zeilen verschickt, die den Umgang mit uns trauernden Eltern erleichtern sollten – oder soll ich eher sagen, helfen sollten, uns zu verstehen???

 

Einiges hat sich seitdem verändert – vieles wird aber immer so bleiben, wie wir es „damals“ zu Papier gebracht haben …

 

… hier ein kleiner Rückblick dieser Zeilen und unsere Gefühle von heute

 

Geht behutsam mit uns um, denn wir sind schutzlos.

Die Wunde in uns, die Yanniks Tod gerissen hat, ist noch offen und noch bereit, weitere Verletzungen anzunehmen.

Heute gibt es noch oft Situationen, wo wir uns schutzlos fühlen – sei es ein unbedachtes Wort des Gegenübers, sei es eine Erinnerung, sei es der Geburtstag, Weihnachten oder der Gedenktag …

 

Wir haben so wenig Kraft, um Widerstand zu leisten.

Wir sind stärker geworden oder besser gesagt: wir haben gelernt den Schmerz auszuhalten – es ist lebbarer geworden mit dem Verlust zu leben  ...

 

Unsere Seele weint ununterbrochen.

Nein, nicht mehr ununterbrochen – daran wären wir kaputt gegangen – wir können inzwischen wieder lachen, wir können uns wieder über Dinge freuen – aber wir weinen noch oft um unseren Sohn …

 

Gestattet uns unseren Weg der Trauer, der lang sein kann.                               

Drängt uns nicht, so zu sein wie früher, wir können es nicht.                           

Wir haben schon einem langen, schweren Weg der Trauer hinter uns gelassen. Steinig mit vielen, vielen Löchern und Kratern war dieser Weg, Berge stellten uns vor große Herausforderungen … wir haben an unserer Trauer gearbeitet – OHNE Hilfe hätten wir dies nicht geschafft … so unbeschwert wie früher werden wir wohl nie mehr sein können, obwohl wir uns viel Mühe geben … es ist auch unser Ziel, unbeschwerter zu werden, denn wir wissen, dass es unserem Yannik gut geht und er uns steht’s begleitet.

TROTZDEM ist es halt nicht einfach, das Leben OHNE und doch MIT Yannik …

 

Wir wissen, dass wir Bitteres in eure Zufriedenheit streuen,

dass euer Lachen ersterben kann, wenn ihr unser Erschrecken und unsere Trauer seht, dass wir euch mit Leid konfrontieren, dass ihr lieber vermeiden möchtet.

Tja, ein ganz schwieriges Thema … vor allem nach dieser „langen“ Zeit … wir stellen fest, dass wir in unserer Umwelt oft schon wieder als ganz „normal“ angesehen werden - und DAS IST AUCH GUT SO!!! Das liegt sicherlich an den verschiedenen Masken, die wir uns in dieser Zeit angeeignet haben. Aber diese Masken halten leider nicht immer … oft ist es ein klitzekleiner Auslöser, der uns nach Luft schnappen lässt und die Trauer wieder mit voller Wucht zuschlägt. Tja, und wenn das dann der andere mitbekommt, erkennen wir wieder dieses Erschrecken im Blick und die Zurückhaltung und Angst, über dieses Thema – der Verlust unseres Sohnes – zu sprechen … und nach wie vor denken wir dann – Schade, vielleicht hilft es uns allen!!??!!

 

Schließt uns jetzt nicht aus eurem Leben aus –

ruft weiterhin an, wie ihr es sonst auch getan habt,

kommt weiterhin vorbei, um eine Tasse Kaffee mit uns zu trinken,                    

wenn es uns zuviel wird, werden wir es sagen,

wir freuen uns, wenn ihr weiterhin für uns da seid …

Die Zeit hat uns leider gezeigt, dass viele sogenannte Freunde anscheinend Probleme mit unserer neuen Situation hatten. Böse sind wir keinem, aber wir konnten nun erkennen, wer wirklich wichtig für uns ist, und auf welche Gesellschaft wir seitdem gerne verzichten … und …  es sind einige neue, tiefe Freundschaften dazugekommen …

 

Wenn wir eure Kinder sehen, oder Geschichten über den Alltag mit           euren Kindern hören, leiden wir –nicht immer, aber es kann ganz plötzlich und heftig kommen –das sind dann die Erinnerungen daran, dass vor wenigen Wochen unser Leben noch in Ordnung war und wir den gleichen Alltag hatten.

Diese Worte kann ich eigentlich so übernehmen … wir leiden oft, wenn wir „unter“ Kindern sind … und müssen immer stark sein und es eben akzeptieren, dass unser Yannik nicht mehr mit dabei ist – so weh es auch tut.

 

Wir haben unsere Zukunft verloren,

wir haben unsere Lebensfreude verloren,

wir haben unseren Yannik verloren,

dass WERTVOLLSTE, was Gott uns je geschenkt hat.

Ja, die Zukunft ist irgendwie futsch … die Lebensfreude kehrt gaaaaaaanz langsam zurück - Schritt für Schritt, aber immer mit dem Wissen, dass uns dass wichtigste in unserem Leben immer fehlen wird …

 

Wir haben die Sicherheit verloren, in der ihr noch lebt.

Wir müssen jedoch daran arbeiten, mit diesem Alltag umzugehen,

es wird uns an einigen Tagen leichter fallen als an anderen Tagen,

es werden sicherlich oft noch die Tränen fließen, aber das müsst ihr verstehen …

In vielen Alltagssituationen fehlt uns diese Sicherheit noch immer – dann helfen uns die Masken … und die Tage, an denen es uns „schlecht“ geht, werden weniger – wenn sie aber kommen, sind sie immer sehr heftig. Die Tränen fließen nach wie vor, meist, wenn wir alleine sind, manchmal, wenn wir über unserer Leben mit Yannik erzählen dürfen, aber da lachen wir glücklicherweise auch sehr viel … und fast immer, wenn die Sehnsucht unendlich groß ist und Yannik besonders fehlt …

 

Ihr wisst sicherlich nicht, wie schwer wir unsere Gedanken sammeln können. Yannik begleitet uns ständig, egal wo wir gerade sind und was wir gerade machen. Vieles, was wir hören oder sehen, müssen wir auf ihn beziehen. Wir hören euch zwar zu, aber unsere Gedanken schweifen ab. Unsere Gedanken fragen, was hätte Yannik jetzt gerade gemacht? Wäre er in der Schule, bei der Therapie, oder würde er jetzt gerade mit seiner Bijou herumtollen? Diese Gedanken tun so weh, dass man am liebsten laut herausschreien möchte, dass das Leben ungerecht ist … WARUM??!!??

Nach diesem langen Weg der Trauer ist es uns gelungen, nicht ständig mit unserem Schicksal zu hadern. Yannik begleitet uns „immer“ – egal wo wir sind … wir sprechen mit ihm, meist nur in Gedanken, aber auch miteinander, als ob er neben uns herfahren würde. Die Fragen haben sich geändert – heute würde ich gerne wissen, wie mein Engel jetzt wohl aussehen würde – wie es ihm gesundheitlich ergehen würde – … und unendlich viel mehr …

 

Nehmt uns an, wenn wir von Yannik und unserer Trauer zu sprechen beginnen. Wir tun das, weil etwas in uns drängt.  Wenn wir eure Abwehr und euer Unbehagen sehen, fühlen wir uns unverstanden und einsam. Yannik gehört immer noch zu unserem Leben, noch mehr als früher ist er ein Teil von uns. Denkt an ihn, sprecht über ihn, vor allem nennt seinen Namen, den er gehörte doch auch zu eurem Leben. Nichts ist schlimmer für uns, wenn versucht wird, Yannik nicht zu erwähnen, damit es uns nicht so weh tut …… es tut sehr weh, wenn sein Name nicht mehr fällt ….

Danke, für all die Gespräche …

Danke, dass ihr an Yannik denkt …

und seinen Namen nennt …

 

Versucht, euch in uns einzufühlen – wir durchleben gerade die Hölle.           Glaubt daran, dass unsere Belastbarkeit wächst – sehr langsam wächst. Glaubt daran, dass wir eines Tages mit neuem Selbstverständnis leben werden, wieder Lachen können, ohne im nächsten Moment ein schlechtes Gewissen zu haben.

Euer “Zutrauen” stärkt uns auf diesem Weg.

Wir können wieder lachen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben – ABER, wir können auch weinen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Wir wissen genau, dass gerade in der ersten Zeit der Umgang mit uns nicht einfach war. Auch heute noch gibt es Dinge, die wir nicht machen wollen und können – wir habe gelernt, nur noch das zu tun, was UNS gut tut und nicht das, was von uns erwartet wird …

 

Wenn wir es geschafft haben, unser Schicksal anzunehmen, wenn wir es akzeptiert haben, warum Yannik nicht mehr bei uns sein kann, dann werden wir euch freier begegnen. Jetzt aber zwingt uns nicht mit Worten und Blicken, unser Unglück zu leugnen. Wir brauchen eure Annahme. Vergesst nicht: wir müssen so vieles von neuem lernen. Wir müssen lernen, ohne Yannik zu leben, neue Lebensaufgaben, neue Freude am Leben finden …

Unsere Trauer hat unser Sehen und Fühlen verändert.

Wir sind dankbar für die fast 10 Jahre, die Yannik bei uns war. Er hat so viel Freude und Glück in unser Leben gebracht. Wir sind so unsagbar stolz auf unseren Sohn.

Ich glaube, diesen Schritt haben wir geschafft. Akzeptieren ist schwer und vielleicht auch nicht das richtige Wort, aber uns blieb ja auch keine andere Wahl. Wir haben es lernen müssen, OHNE Yannik zu leben – eine neue Lebensaufgabe haben wir noch nicht gefunden – wir arbeiten dran … die Freude am Leben begleitet uns zu selten – unser Alltag ist eher langweilig, mit wenigen Highlights gespickt … aber auch da arbeiten wir dran, unternehmen schon viel mehr, als in der ersten Zeit – und haben Spaß dabei …

 

Wir vermissen unseren Yannik jeden Tag …

wir lieben ihn bis in die andere Welt hinein ...

… wir leben mit all den wundervollen Erinnerungen aus unserer gemeinsamen Vergangenheit und freuen uns schon heute auf ein Wiedersehen mit unserem Sternenkind …