Immer und immer wieder …

 

höre ich das Telefon klingeln – es war ein einziger, kurzer Anruf – nur wenige Worte –

ihr Sohn ist tot …. Sie müssen sich nicht mehr beeilen …

immer und immer wieder höre ich mich schreien – NEIN, nicht Yannik, das kann nicht sein...

und immer und immer wieder aufs Neue bricht meine Welt zusammen …

dieser Anruf kam schon vor über 14 Monaten, aber er wird mich wohl mein Leben lang begleiten. Genauso wie die Bilder von meinem Yannik, wie er auf der Intensivstation um sein so junges Leben kämpft – all die Geräte, an die er angeschlossen ist, all die Geräusche der Apparate, die ihm am Leben gehalten haben … dieser trübe Blick aus den sonst so strahlenden Augen – seine Hand, die mir sagen will – Mama, ich will hier weg, ich will nach Hause … immer und immer wieder die grosse Hoffnung und der Wunsch, dass Yannik von all dem nichts mitbekommen hat, dass er von den Schmerz- und Schlafmitteln so weit „weg“ war, dass er sich nicht quälen musste … immer und immer wieder bete ich dafür …

 

und immer und immer wieder die Frage nach dem WARUM.

 

Immer wieder sehe ich uns im Auto sitzen und zu ihm fahren, mit dem Wissen, dass Yannik nicht mehr am Leben ist. Noch heute frage ich mich, wie Stefan es überhaupt geschafft hat, Auto zu fahren …

Immer und immer wieder sehe ich meinen Sohn mit einem friedlichen Gesichtsausdruck vor mir liegen – absolute Stille – eine Kerze brennt und wirft einen hellen Schein auf sein Gesicht … und immer wieder überkommt mich dann der unsagbare Schmerz, es nicht verhindert haben zu können. Am schlimmsten jedoch ist es immer und immer wieder, dass ich nicht bei Yannik war, als er in die andere Welt gegangen ist.

Werde ich mir das jemals verzeihen können?

 

Inzwischen, nach über einem Jahr ist der Schmerz lebbarer geworden, aber immer und immer wieder gibt es diese Momente, wo der Verlust meines so wunderbaren Kindes mich einfach umhaut. Schmerz, Angst, Wut und oft auch Hilflosigkeit spiegeln sich dann im totalen Gefühlschaos wieder – und all dies kostet Kraft, sehr viel Kraft. Oft frage ich mich, wie lange diese Kraft noch reichen wird …

Zum Glück gibt es aber schon viele Momente, wo der Verlust etwas in den Hintergrund tritt und die Dankbarkeit überwiegt… trotzdem ist der Schmerz präsent, wird immer und immer wieder aufs Neue erlebt ...

und das ist auch gut so, denn es gibt ja auch so viele wunderschöne Erinnerungen an mein Sternenkind, dass ich oft dankbar über die gemeinsamen Momente und Erlebnisse denken oder sogar darüber reden kann, ohne dass ich tränenaufgelöst in meine  neue Welt flüchten muss.

In meiner neuen Welt ist es oft sehr einsam – das liegt dann aber daran, dass es für mich unmöglich erscheint, unter Menschen zu gehen, diese Menschen „zu ertragen“ …

ich mag dann kein Lachen hören, mag es nicht, wenn andere Menschen ausgelassen fröhlich sind, es schmerzt mich sehr, Kinder in Yanniks Alter zu sehen … und in meiner Welt kann ich mich vor all dem schützen. Einen grossen Teil meiner Welt nimmt Yanniks Zimmer ein – dort steht inzwischen unser PC, an dem ich dann oft stundenlang sitze … im Hintergrund läuft dann meist leise Musik und mir gelingt es dann sehr gut, langsam wieder auf die Füsse zu kommen …

 

immer und immer wieder zaubert mein Yannik ein Lächeln auf mein Gesicht, sei es, weil die Erinnerungen an ihn mich erfreuen, oder weil er mir ein kleines Zeichen aus seiner Welt schickt ….

immer und immer wieder bin ich dann unsagbar stolz auf meinen Sohn …

ich bin dankbar, dass ich die Mama von Yannik bin und ihn auf seinem Lebensweg begleiten durfte … immer und immer wieder …

immer und immer wieder stehe ich vor diesem Bild ...

immer und immer wieder bin ich dankbar über unsere gemeinsame Zeit ...

immer und immer wieder sage ich zu dir : Ich hab dich lieb, mein Engel - ich vermisse dich ...

immer und immer wieder hoffe ich, dass du mich hören kannst ...