Achtung lang – ich habe mich aber bemüht, mich kurz zu fassen …

 

Yannik wurde am 27. September 1996 um 08.36h per Kaiserschnitt in der Uni-Klinik Kiel geboren. Wir waren mächtig stolz und überglücklich, unseren blonden, blauäugigen Schatz in den Armen halten zu können. Der Papa hat dann auch am Abend ordentlich Gas gegeben und seinen Sohn mit den „grossen“ Jungs begossen. Noch am nächsten Tag hatte er leichte Gleichgewichtsschwankungen - hätte er gewusst, das gleich am 2. Tag ein böser Verdacht bei den Ärzten aufkam, dass Yannik an dem so genannten „Marfan-Syndom“ erkrankt sein könnte, hätte er bestimmt nicht so gefeiert – nach etlichen Untersuchungen und unerträglicher Ungewissheit , die wir auf der Kinderstation verbracht haben, konnte der Verdacht aber glücklicherweise verworfen werden – nach 7 Tagen durften wir Yannik endlich in sein neues zu Hause bringen. Es begann die glücklichste Zeit in unserem Leben. Die Entwicklung von Yannik war fast normal, wenn man von der benötigten Spreizhose einmal absieht (ist heute ja nichts außergewöhnliches mehr), den „Handschalen“, die seine Finger strecken sollten und der Krankengymnastik, die Yannik schon als Säugling bekommen musste. Mit 10 Monaten hat Yannik sich an Gegenständen hochgezogen und ist an der Hand o.ä. gelaufen. Er machte Bekanntschaft mit seiner ersten großen Liebe Julia, die ihn eine lange Zeit „gefesselt“ hielt. Julia und Yannik ein Herz und eine Seele und gegenseitige Besuche von Haustür zur Haustür waren täglich Pflicht. Julia ist zwar 4 Wochen jünger als Yannik, aber als Mädchen in der Entwicklung Yannik immer voraus gewesen – haben wir uns die erste Zeit eingeredet – aber nach einiger Zeit wurde uns bewusst, dass mit Yannik irgend etwas nicht stimmte – er wirkte so kraftlos, konnte nicht vom Fussboden aufstehen und alleine, ohne sich festzuhalten, laufen. Es begann die Odyssee von Arzt zu Arzt, bis schliesslich kurz nach seinem 2.!! Geburtstag nach einer Muskelbiobsie die erschreckende Diagnose feststand:

Konginitale Myopathie – für alle zu verstehen: angeborene Muskelschwäche

Für uns ist natürlich eine Welt zusammengebrochen – WARUM gerade unser Kind? Was bedeutet das für Yanniks und unsere Zukunft? Siehe dazu “Krankheit”.

Yannik ist trotz der Erkrankung immer ein fröhlicher, kleiner Kerl gewesen. Er hat es von Anfang an nicht anders gekannt, als mit diesen körperlichen Einschränkungen zu leben. Wir sind so dankbar, dass Yanniks Behinderung nur rein körperlich war. Geistig war er völlig normal entwickelt und mit Gleichaltrigen auf einem Level. Für das anstrengende Laufen wurde schnell ein Hilfsmittel gefunden … sein  Bobbycar – das hat er geliebt und er ist wie ein kleiner Schumi damit durch die Gegend gesaust. Nachdem er dafür zu groß war, ist er auf eine Reha-Karre umgestiegen, die ihn dann bis zur Einschulung treu begleitet hat.

Yannik hat den Rudolf-Steiner-Kindergarten besucht und wir waren glücklich, dass er dort so liebevoll aufgenommen wurde. Natürlich wurden dort auch Ausflüge etc. gemacht, aber mit der Karre bzw. einem Bollerwagen funktionierte es immer prima – die Kids haben sich darum gerissen, Yannik schieben zu dürfen.

Es begann die Zeit der „Stürze“ – Yannik stolperte häufig und fiel oft hin – große Beulen und Schürfwunden, ja sogar 3 schlimme Platzwunden am Kopf hat er sich dadurch zugezogen … natürlich kam mit jedem Sturz auch wieder die Angst vor neuen Stürzen hinzu, und Junior wollte immer seltener „große Strecken“ alleine gehen. Er hatte Angst angerempelt zu werden, da er sich nicht aus eigener Kraft halten konnte und hinfiel. Es musste also eine Lösung gefunden werden, die wir dann gemeinsam mit Yanniks Therapeuten, seinen Ärzten und der KiGa-Leiterin besprochen haben, da Yanniks Abenteuer SCHULE anstand.

Wir haben dann gemeinsam alle Vor- und Nachteile eines Elektrorollstuhles durchdacht und uns dazu entschlossen, für Yannik einen Rolli anzuschaffen. Und es war die richtige Entscheidung – durch diesen Rolli wurde Yannik ein anderes Kind – keiner brauchte ihn mehr schieben, er konnte dahin fahren wohin er wollte und auch für uns Eltern war es eine neue Erfahrung. Wir haben es genossen zu sehen, wie glücklich Yannik durch die Gegend sauste und vor allem, wie gut er mit dem Rolli umgehen konnte.  Die erste Entscheidung war also die Richtige – nun stand die Entscheidung an, in welche Schule soll Yannik gehen? In die Melsdorfer Grundschule, wo er gemeinsam mit der 2. Klasse Unterricht haben würde? Wo er aber die Kinder aus dem Dorf kennen lernen würde und Freunde aus der Umgebung?  Würde er bei diesem Schulalltag mithalten können? Oder ist die Körperbehinderten Schule im BZM die Richtige, wo er „einer von vielen“ im Rolli ist, wo er Therapien während der Schulzeit bekommt und wo er im angemessenen Tempo gefördert wird?

Lange haben wir überlegt, was wir machen sollen.

Wir haben unseren Schatz nicht in der Melsdorfer Grundschule angemeldet, sondern ihn auf der Schule im BZM eingeschult. Ein unvergessener Tag für uns alle – Yannik mit Schultüte – er ist mit seiner Tüte zu diesem Zeitpunkt noch um unser Haus gelaufen, dass wir erst im Sommer gekauft und behinderten gerecht umgebaut haben. Wir sind im nach hinein so dankbar für diese Entscheidung – Yannik ist gerne zur Schule gegangen, er hat es geliebt, von seinem Malteser Fahrdienst abgeholt und gebracht zu werden.  Er hatte eine tolle Klasse und obertolle Lehrer und Therapeuten – er hat sie alle sehr gemocht. Er war in der Schule anerkannt und hat viele Freundschaften geschlossen. Wir sind besonders stolz darauf, dass unseren Yannik als einziger in seiner Klasse ein Grundschulzeugnis erhalten hat. Er hat an Nachmittagsprogrammen teilgenommen und wir Eltern wussten immer, dass Yannik dort gut „aufgehoben“ ist. 

Es ist schwer, Yanniks Leben in Worte zu fassen – wenn ich mir die Fotos ansehe, habe ich natürlich zu jedem Foto eine Geschichte – sozusagen eine „unendliche Geschichte“. Daher möchte ich jetzt nur noch kurz etwas erzählen, und den „Rest“ unter „Typisch Yannik“ in Stichworten zusammenfassen …

Wir haben immer versucht, Yannik sein Leben so schön wie möglich zu gestalten      Durch seine körperliche Einschränkung war es ihm natürlich nicht möglich, wie andere Kinder auf dem Spielplatz herumzutollen, sich einfach auf sein Fahrrad zu setzen und irgendwo einen Freund zu besuchen, oder ins Schwimmbad zu gehen. Es war immer notwendig, dass jemand bei unserem Yannik war, da er vollständig auf Hilfe angewiesen war.

Dennoch sind wir mit ihm überall hingefahren, wo wir auch mit einem gesunden Kind hingefahren wären. So haben wir schöne Stunden im Hansapark erlebt, wo Yannik sehr gerne mit der Wildwasserbahn und der Achterbahn gefahren ist. Wir waren im Legoland, der Eisenbahnausstellung in Hamburg und in Tolk, wir waren in der AOL Arena und im Berliner Olympiastadion, wir waren mit dem Kanu auf der Eider unterwegs, wir sind Schwimmen gefahren und, und, und …… eben alles, was eine glückliche, kleine Familie so macht.

Schwimmen war für Yannik etwas ganz tolles – endlich konnte er sich frei bewegen. Er fühlte sich leicht und konnte alleine gehen, hüpfen und schwimmen ( natürlich mit Schwimmhilfen )  – er ist getaucht und sehr gerne vom Beckenrand ins Wasser gerutscht. Sonntags stand immer Schwimmen mit Papa (manchmal auch mit Papa + Mama) auf dem Terminplan und in den letzten Monaten sind des Öfteren auch Julian, Leif und Lena mitgefahren. Mit 4 Kids im Gepäck war Stefan somit in manche Wasserschlacht geraten. Yannik hat sich immer sehr aufs Schwimmen gefreut... wie oft hat Stefan Yannik die Treppen im Schwimmbad hoch getragen, damit auch Yannik rutschen kann? Wie oft haben wir Yannik Treppen hoch getragen, damit er auch bei Freunden ins Kinderzimmer konnte? Es gab immer einen Weg, und wenn es einmal unüberwindbar schien, dann haben Papas starke Arme dafür gesorgt, dass Yannik ans Ziel kam. Wie oft haben wir „das“ alles gerne gemacht, weil es so normal für uns war?

Yannik hat es uns auf seine Weise gedankt - mit einem Küssi zwischendurch, einer Umarmung – einem „Ich hab dich lieb“ …

Yannik hat als noch „Fußgänger“ ein Rehafahrrad gehabt, ausgestattet mit Teleskopstützrädern und Schiebestange ist er sehr gerne Rad gefahren und unsere Spaziergänge waren für ihn auf einmal nicht mehr so langweilig. Später haben wir ein Tandem gehabt, mit dem wir auch mal „richtige“ Radtouren unternehmen konnten. Erst in diesem Jahr bekam unser Schatz einen Rollfites, weil er sich auf dem Tandem nicht mehr sicher fühlte, weil er sich nicht mehr so gut halten konnte. Es war ein tolles Erlebnis für uns alle. Yannik saß vorne und hat das Tempo vorgegeben und sich immer sehr amüsiert, wenn er an seiner lahmen Mama vorbeifuhr.                                                                                                    Den Samstag bevor Yannik ins Krankenhaus musste, haben wir gemeinsam mit seinem besten Freund Julian die letzte Fahrradtour zum Nord Ostsee Kanal gemacht. Am Abend sind wir dann zu viert nach Bad Segeberg gefahren und haben uns Winnetou III bei den Karl May Festspielen angesehen.

Yannik war ein sehr ausgeglichenes Kind. Oft war er sehr zurückhaltend und schien fast schüchtern. Sobald er aber die Umgebung abgecheckt hatte, taute er auf …

Yannik hat sich stundenlang mit Lego und Playmobil beschäftigt – er baute fantastische Welten mit diesen Figuren auf – er hatte eine blühende Fantasie und hat viele Alltagssituationen im Spiel nachgestellt. So wurde z.B. der Krankenwagen von Playmobil kurzerhand zum Malteserfahrzeug umgebaut – die Rampe hat er Opa Karl Heinz in Auftrag gegeben und die Blinklichter , die Beschriftung und die Rückfahr-Kamera aus Pappe selber gebastelt. Mit seinem Freund Leif wurde vor einem Treffen immer telefoniert um abzuklären, was gespielt werden sollte. Stundenlang steckten die „Köpfe“ zusammen und das Spielen wurde nur unterbrochen, wenn die Herrschaften Hunger oder Durst hatten …

Vor gut 1 ½ Jahren entdeckte Yannik den Fussball. Nicht nur die Sportschau wurde zum Pflichtprogramm, nein auch sein Outfit war ihm auf einmal nicht mehr egal. In seinem Kleiderschrank sammelten sich viele Trikots an und Yannik wurde zum größten Bayernfan aus ganz Melsdorf. Er konnte mit seinem kleinen Rolli so toll Fussball spielen, dass kurzer Hand unser Rasen in ein Fussballfeld umfunktioniert wurde. Grosse Schlachten wurden dort ausgetragen und es gab immer viele Sieger – denn es brachte riesigen Spaß mit unserem ”Olli” oder “Schweini” Fussball zu spielen – etwas, was wir unserem Sohn, aber auch uns,  so sehr gewünscht haben, konnte leider nicht in Erfüllung gehen –  einmal in einer richtigen Mannschaft Fussball spielen ....

Wir sind so glücklich, dass unser Fussballfan die WM 2006 noch miterleben durfte, dass er wie viele Kids in seinem Alter, den Spielen der Deutschen so entgegengefiebert hat und gejubelt und gefeiert hat … das er sein Auto mir Fahnen geschmückt hat und die riesige Deutschlandparty geniessen konnte … das Stickerheft der WM ist vollständig, doch die letzten fehlenden Sticker konnte Yannik nicht mehr selber einkleben … er sollte sie im Krankenhaus bekommen ..

Mit Oma Gudrun und Opa Karl Heinz hat Yannik viele glückliche Stunden verbracht. Besonders zu seinem Opa hatte Yannik ein ganz inniges Verhältnis. Als kleiner Knirps hat er oft stundenlang mit Opa in der Werkstatt oder Garage gewerkelt und gespielt – es entstanden tolle Sachen, die Yannik oft mit in seine „Spielewelten“ integriert hat. Die 2 waren ein starkes Team … Als Yannik älter wurde, und sein Hauptinteresse dem Fussball galt, hat er fast täglich seine Oma zum Fussball spielen herausgefordert, weil Oma sich doch etwas geschickter als Opa dabei angestellt hat.                                                                                    Oma und Opa waren immer für ihren Yannik da. Wie oft ist er zu den Beiden gedüst, um einfach nur mal HALLO zu sagen? Da sie ja nur 5 Häuser weiter wohnen, ist er auch oft mit seinen Freunden dort gewesen, auch wenn es so manches Mal nur um eine Extraportion Naschi ging.

Oma + Opa haben uns unwahrscheinlich viel Unterstützung gegeben. Sie haben Yannik trotz seiner Krankheit immer liebvoll und sorgenvoll begleitet und so manch schlaflose Nacht verbracht, weil auch sie diese starken körperlichen Veränderungen realisiert haben. Es fiel ihnen zu letzt sehr schwer, mit Yannik z.B. auf Toilette zu gehen oder ihn umzusetzen, aber sie waren trotzdem immer für ihn da, auch wenn ihr eigener Gesundheitszustand eigentlich NEIN zu diesen körperlichen Anstrengungen gesagt hat.  

Natürlich waren sie auch für uns da, und haben uns den einen oder anderen freien Abend „geschenkt“ – wir sind unendlich DANKBAR für alles, was sie für unseren Schatz getan haben.

Wir wissen auch, wie sehr die Beiden leiden und wie traurig sie sind, dass ihr Enkel nicht mehr bei ihnen sein kann – besonders Opa, der seinen Yannik vergöttert hat - es tut uns so leid und so weh, sie leiden zu sehen, denn auch die Zukunft von Oma und Opa ist zerstört …

Yannik musste sein Leben lang Therapien machen. Aber es hat ihn nicht wirklich gestört, denn sein fester Termin zur Krankengymnastik hat er nicht als Pflicht angesehen, sondern er hat sich immer darauf gefreut, mit seiner Christin zu „spielen“. Es hat zwischen Christin und Yannik einen Deal gegeben – eine ½ Stunde „arbeiten“ und eine ½ Stunde in ein neues Abenteuer stürzen. Das Junior dabei auch „gearbeitet“ hat, war ihm gar nicht bewusst. Es wurden Piratenschlachten, Ritterkämpfe, Polizei – und Feuerwehreinsätze durchgeführt und natürlich auch Fussballspiele. Oft hörte ich die Kampfschreie der Beiden schon beim Öffnen der Praxistür.

Er hat seine Christin so sehr ins Herz geschlossen – DANKE für alles, Christin, du warst immer so liebevoll zu Yannik ………

DANKE auch an Frau Kruska, die Christin während der Babypause mindestens genauso gut vertreten hat ……

Auch während der Schulzeit „musste“ Yannik therapiert werden – er hat aber auch das gerne gemacht, besonders das Schwimmen hat er genossen.

DANKE dafür, Frau Köhler ……  DANKE auch an Frau Fischer …

… natürlich ging es auch zu Hause weiter, tägliches „Fahrradfahren“ am Vivamed, der über alles gehasste Stehständer war jeden 2. Tag Pflicht und Dehnübungen gehörten ebenfalls zum Tagesablauf… Yannik hat es alles so angenommen, wie es war. Er hat nie geklagt, er hat zwar oft gemeckert, dass er keine Lust auf dies oder jenes hätte, aber …

er war immer so liebenswürdig, so hilfsbereit, so ein grosser Schatz , sogar in der Nacht hat er “BITTE” gesagt, wenn er uns zum Umlagern gerufen hat ……………

Wir vermissen dich so sehr, mein Engel … du fehlst uns so sehr ……….

WARUM darfst du nicht mehr bei uns sein???

 

Warum war es uns nicht gegeben,

dass du bleiben konntest in unserem Leben.

 

Es tut so weh,

dass du nicht mehr bei uns bist.

Unser Gefühl sagt uns,

dass es ungerecht ist.

 

Die Chance auf ein gesundes, langes Leben –

sie war dir nie gegeben.

 

Das WARUM werden wir wohl niemals verstehen,

und deshalb fühlen wir uns allein.

Doch die Erinnerungen an dich sind schön,

und auch der Gedanke,

irgendwann wieder bei dir zu sein.