Diese Zeilen über unsere Gedanken und Gefühle haben wir all denen geschickt, die irgendwie mit uns “zu tun” hatten.  Wir haben gespürt, dass viele Mitmenschen nicht wussten, wie sie uns nach Yanniks Tod begegnen sollten - wir wissen genau, wie schwer es für Alle gewesen sein muss.... Nachdem diese Zeilen verschickt worden sind, machte sich viel Erleichterung bei Freunden und Arbeitskollegen bemerkbar - scheinbar war es der richtige Weg, allen zu “erzählen”, wie es in uns aussieht ....

 

Geht behutsam mit uns um, denn wir sind schutzlos.

Die Wunde in uns, die Yanniks Tod gerissen hat, ist noch offen und noch bereit, weitere Verletzungen anzunehmen.

Wir haben so wenig Kraft, um Widerstand zu leisten.

Unsere Seele weint ununterbrochen.

Gestattet uns unseren Weg der Trauer, der lang sein kann.                                  Drängt uns nicht, so zu sein wie früher, wir können es nicht.                             Denkt daran, dass wir in Wandlung begriffen sind.

Lasst euch sagen, dass wir uns selbst fremd sind.

 

Habt Geduld.

 

Jeder, der Yannik gekannt hat, wenn vielleicht auch nur von                              Fotos oder Erzählungen, weiss, was wir verloren haben.

Er war unser Leben – so wie er uns gebraucht hat,

so haben wir ihn zum Leben gebraucht.

Und dieses Leben ist jetzt zerstört.

Unsere Zukunft ist zerstört – wie soll es nur weitergehen…

Wir wissen, dass wir Bitteres in eure Zufriedenheit streuen,

dass euer Lachen ersterben kann, wenn ihr unser Erschrecken und                      unsere Trauer seht, dass wir euch mit Leid konfrontieren,

dass ihr lieber vermeiden möchtet.

Trotzdem, schließt uns jetzt nicht aus eurem Leben aus –

ruft weiterhin an, wie ihr es sonst auch getan habt,                                             kommt weiterhin vorbei, um eine Tasse Kaffee mit uns zu trinken,                       wenn es uns zuviel wird, werden wir es sagen,

wir freuen uns, wenn ihr weiterhin für uns da seid …

Wenn wir eure Kinder sehen, oder Geschichten über den Alltag mit                     euren Kindern hören, leiden wir –

nicht immer, aber es kann ganz plötzlich und heftig kommen –

das sind dann die Erinnerungen daran, dass vor wenigen Wochen                      unser Leben noch in Ordnung war und wir den gleichen Alltag hatten.

Wir müssen uns nun die Frage nach dem Sinn unseres Lebens stellen.

 

Wir haben unsere Zukunft verloren,

wir haben unsere Lebensfreude verloren,

wir haben unseren Yannik verloren,

dass WERTVOLLSTE, was Gott uns je geschenkt hat.

 

Wir haben die Sicherheit verloren, in der ihr noch lebt.

Wir müssen jedoch daran arbeiten, mit diesem Alltag umzugehen,

es wird uns an einigen Tagen leichter fallen als an anderen Tagen,

es werden sicherlich oft noch die Tränen fließen, aber das müsst ihr verstehen …

Ihr haltet unserem Kummer oft entgegen – mit den Worten: auch wir sind traurig!!

Na klar, doch wenn wir euch fragen, ob ihr unser Schicksal tragen möchtet, erschreckt ihr. Das ist die Bitterkeit, die manchmal in uns hochsteigt, wenn wir gerade mit unserem Schicksal hadern.

Wie oft haben wir uns die Frage gestellt, WARUM gerade Yannik krank war, WARUM gerade Yanniks Leben mit noch nicht einmal 10 Jahren vollendet sein musste?! Wir empfinden es oft als ungerecht.

Also verzeiht: unser Leid ist so übermächtig, dass wir oft vergessen, dass es viele Arten von Schmerz gibt.

Kaum einer kann nachempfinden, durch welches Tal wir gerade schreiten, denn unsere Bindung zu Yannik war sicherlich intensiver, als eine „normale“ Eltern-Kindbeziehung …

es heißt ja auch, dass die „Besonderen“ Kinder sich ihre Eltern aussuchen …

Yannik hat uns die Kraft gegeben, immer für ihn da zu sein, stark für ihn zu sein und mit ihm gemeinsam sein Schicksal zu meistern. Unser Tagesablauf musste immer durchdacht sein, weil Yannik bei Tag und Nacht auf Hilfe angewiesen war. Oft hörten wir aus eurem Mund: wir bewundern euch, wie ihr das so schafft!!

Für uns war das alles so normal, es war keine Aufgabe, sondern es war unser Leben –  wir haben immer alles gerne für unseren Yannik gemacht.

Er hat es uns gedankt mit vielen liebevollen Gesten, die in unserem Alltag selbstverständlich waren. Sei es eine Umarmung „zwischendurch“, „fliegende“ Küssis , die Worte – ich hab dich lieb … immer einmal mehr als du mich lieb hast (geht gar nicht), usw... wir sind dankbar für jede Sekunde, die Yannik bei uns war …

Ihr wisst sicherlich nicht, wie schwer wir unsere Gedanken sammeln können. Yannik begleitet uns ständig, egal wo wir gerade sind und was wir gerade machen. Vieles, was wir hören oder sehen, müssen wir auf ihn beziehen. Wir hören euch zwar zu, aber unsere Gedanken schweifen ab. Unsere Gedanken fragen, was hätte Yannik jetzt gerade gemacht? Wäre er in der Schule, bei der Therapie, oder würde er jetzt gerade mit seiner Bijou herumtollen? Diese Gedanken tun so weh, dass man am liebsten laut herausschreien möchte, dass das Leben ungerecht ist … WARUM??!!??

Nehmt uns an, wenn wir von Yannik und unserer Trauer zu sprechen beginnen. Wir tun das, weil etwas in uns drängt.  Wenn wir eure Abwehr und euer Unbehagen sehen, fühlen wir uns unverstanden und einsam. Yannik gehört immer noch zu unserem Leben, noch mehr als früher ist er ein Teil von uns. Denkt an ihn, sprecht über ihn, vor allem nennt seinen Namen, den er gehörte doch auch zu eurem Leben. Nichts ist schlimmer für uns, wenn versucht wird, Yannik nicht zu erwähnen, damit es uns nicht so weh tut …… es tut sehr weh, wenn sein Name nicht mehr fällt ….

Versucht, euch in uns einzufühlen – wir durchleben gerade die Hölle.               Glaubt daran, dass unsere Belastbarkeit wächst – sehr langsam wächst.              Glaubt daran, dass wir eines Tages mit neuem Selbstverständnis leben werden, wieder Lachen können, ohne im nächsten Moment ein schlechtes Gewissen zu haben.

Euer “Zutrauen” stärkt uns auf diesem Weg.

Wenn wir es geschafft haben, unser Schicksal anzunehmen, wenn wir es akzeptiert haben, warum Yannik nicht mehr bei uns sein kann, dann werden wir euch freier begegnen. Jetzt aber zwingt uns nicht mit Worten und Blicken, unser Unglück zu leugnen. Wir brauchen eure Annahme. Vergesst nicht: wir müssen so vieles von neuem lernen. Wir müssen lernen, ohne Yannik zu leben, neue Lebensaufgaben, neue Freude am Leben finden …

Unsere Trauer hat unser Sehen und Fühlen verändert.

Wir sind dankbar für die fast 10 Jahre, die Yannik bei uns war. Er hat so viel Freude und Glück in unser Leben gebracht.

Wir sind so unsagbar stolz auf unseren Sohn.

Unser Liebe zu ihm ist unendlich, dass hat er uns aber 1000fach zurückgegeben. Seine Umarmungen, seine Küssis, seine Worte: ich habe dich lieb, Mami – ich hab dich lieb, Papi …seine Art, mit seiner Krankheit umzugehen. …nie hat er geklagt, nie hat er mit seiner Krankheit gehadert, er hat sein Schicksal so angenommen … auch als sein Körper immer schwächer wurde hat er noch so viel Lebensfreude in sich gehabt.

Wir und alle Lieben um ihn herum haben immer versucht, sein Leben so schön wie möglich zu gestalten, wir haben Unternehmungen gemacht, die wir auch mit einem „gesunden“ Kind gemacht hätten ... wir wussten -  und sind uns sicher, dass auch Yannik es gespürt hat - dass sein Lebensweg auf Erden nicht sehr lang sein würde, darum haben wir irgendwie “intensiver“ diese Zeit gelebt, die uns mit ihm geschenkt wurde.

Leider konnten wir Yannik seinen letzten Wunsch – in die Allianzarena nach München zu fahren, um seine Bayern mal live zu sehen, nicht mehr erfüllen … diesen Wunsch äusserte er mir Silvester, ohne dass ich ihn gefragt habe – einfach so, zwischen Knallern und Raketen –  hat er was geahnt? Es war so untypisch für Yannik … leider konnten wir ihm diesen Wunsch nicht mehr erfüllen … es tut uns unendlich Leid,  mein Schatz, aber der Trip nach München war erst für die Herbstferien geplant …

Unser Trost liegt nun darin, dass Yannik wahrscheinlich sehr viel Leid erspart geblieben ist, die die Muskelschwäche unweigerlich noch gebracht hätte. Nach Yanniks Engelreise hatten wir ein Gespräch mit Yanniks Kinderärztin. Wir waren ziemlich verstört nach diesem Gespräch - keiner hat je mit uns darüber gesprochen, was alles noch hätte passieren können, wenn ..... aber dieses WENN gibt es nicht mehr.

Da, wo Yannik jetzt ist, geht es ihm gut – endlich kann er alles erreichen was er möchte, kann laufen und springen, Fussball spielen und Fahrradfahren …und alles ohne Hilfe … alles Dinge, die er hier auf Erden nicht erleben durfte … Er hat uns zu den stolzesten Eltern gemacht, die man sich vorstellen kann und wir freuen uns auf den Tag, an dem wir ihn wieder in unsere Arme schließen können ….

Yannik, wir lieben und vermissen dich unendlich und werden dich immer in unseren Herzen tragen…